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Verzeihen, Vergeben, Vergessen

14-26 Verzeihen Vergeben Vergessen

Die längste Nacht des Jahres ist vorüber. Diese Nacht wurde auch noch vom Neumond am 22.Dezember begleitet – länger dunkel kann es also in den nächsten 365 Tagen nicht werden.

Die wieder länger werdenden Tage, die zunehmende Helligkeit hilft uns auch wieder wacher und aufmerksamer zu werden. Für mich ist die Wintersonnenwende auch verbunden mit einer Aufbruchsstimmung, denn es geht aufwärts – und nicht nur mit der Sonne.

Jeder Neubeginn ist auch mit einer Rückschau, einer Bereitschaft zum Loslassen verbunden. Das ist das eigentlich schwierige an Aufbrüchen – das Los-lassen, Altes und nicht mehr Benötigtes hinter sich lassen – wenn wir es wirklich wollen und ernst nehmen.

Was hat mich be-lastet, be-drückt, be-schwert, be-hindert? Was habe ich mir selbst aufgebürdet, auferlegt, aufgenommen? Wer hat mich verletzt, verraten, verkauft, belogen, betrogen?

All das können wir uns anschauen und uns bewusst dafür entscheiden es loszulassen.

Das erfordert in erster Linie ein Gespräch mit unserem Ego – denn das liebt all die Verletzungen  in uns. Unser Ego liebt es Unruhe und Zwietracht zu stiften, weil es Recht haben möchte mit seiner Schwarzmalerei. Das Ego braucht die Konflikte, den Streit – daraus bezieht es seine Energie. Es braucht Anlässe von außen, von anderen, damit es unserem Ich – was unser Inneres behütet, unsere Gaben und Talente pflegt, unsere Liebe und unser Mitgefühl umsorgt – überlegen ist.

Es ist unser Ich, was immer wieder versucht uns zu uns selbst zu führen, unsere inneren Schätze zu entdecken und sie zum Nutzen aller auszugraben, anzuwenden und in die Welt zu tragen.

Unser Ego macht all das klein, lächerlich und stempelt es als unbedeutend ab – denn diese Schätze in uns bringen Frieden, Zufriedenheit, Glück und Wohlwollen – all das, was dem Ego zuwider ist.

In den vergangenen Jahren habe ich mich immer mehr mit meinem Ich beschäftigt, ihm einen gebührenden Platz in meinem Leben gegeben. Aber dennoch macht das Ego mir immer wieder einmal einen Strich durch die Rechnung, erhebt Anspruch auf mehr Raum in meinem Leben und verwendet dabei alte Verletzungen, alte Geschichten, die ich glaubte überwunden zu haben.

Da bevorzugen, beschenken und bevorteilen Eltern eines ihrer Kinder, was noch dazu nie da ist, wenn Hilfe vonnöten ist – dafür sind ja die anderen Geschwister da. Dieses Kind kommt immer dann, wenn es was zu holen gibt, beanspruchen materielle Werte aus dem Elternhaus und schleppen das wie selbstverständlich aus dem Haus. Und für die Eltern ist das selbstverständlich. Sie loben dieses Schmarotzer-Kind in den siebenten Himmel, entschuldigen das Fernbleiben und das nicht Unterstützen – für sie ist es das Größte, wenn dieses schwierige Kind sich blicken lässt – egal, ob es nur kommt, um auszuräumen & abzukassieren. Es ist da – und nur das zählt  – mehr als alle Taten und Hilfe der anderen Kinder, die immer für sie da sind.

Das schmerzt, das verletzt, das reißt Wunden auf. Und unser Ego reibt sich die Hände, aktiviert unsere Wut, fordert Hass und Vergeltung, verlangt Widerspruch und Anklage. 

Es ist jedes Mal eine ziemliche Herausforderung für mich diese Zeit zu überstehen, diese alten Verletzungen nicht wieder aufbrechen zu lassen. Es ist eine Lektion des Verzeihens, Vergebens und Vergessens – die ich wieder einmal bekomme.

Verzeihen – das klappt schon ganz gut. Ich verzeihe und entschuldige dieses verletzende Verhalten den geliebten Personen, die  nicht zu wissen scheinen dass sie mich damit verletzen – dennoch kann ich es nicht vergessen. Zum Vergessen ist Vergeben notwendig.

Laut Wikipedia ist Vergebung das Annehmen bekundeter Reue sowie das Vergeben einer fremden Schuld. Aber da ist keine Reue oder Schuld – wie kann dann Vergeben dennoch stattfinden.

Durch Großmut können wir unsere Verletzungen selber heilen – durch den Mut Großes zu tun, indem wir großzügig sind (Großes ziehen lassen). Das Große sind immer noch die Verletzungen in uns, die uns schmerzen, all die Jahre wieder. Wenn wir den Groß-Mut haben, also großen Mut haben, diese Verletzungen anzusehen und zu erkennen, was sie in uns bewirken. Wenn wir immer wieder die Wunden öffnen, das Ego darin herum wühlen lassen, dann können sie nicht heilen.

Großmut hat mit Mut zu tun und wir brauchen viel Mut dazu, gutmütig sein und sanftmütig helfen uns. Also das Gute und Sanfte unterstützen uns dabei.

Vergeben hat mit Liebe, Mitgefühl, Sanftheit, Gutem zu tun und Größe, die wir zeigen, wenn wir dazu in der Lage sind.

Vergeben ist auch ein Ablegen der Schuld und Reue des anderen, die wir für ihn tragen, die der andere gar nicht fühlt.

Vergeben ist ein Löslösen von Anhaften an Gerechtigkeit und Gleichheit für alle. Jeder empfindet Gerechtigkeit anders. Und durch Gleichheit verlieren wir unsere Einzigartigkeit. Andersartigkeit ist Un-gleichheit, Vielfalt und Verschiedenheit und macht unsere Welt bunter.

Wenn ich Ungerechtigkeit empfinde und erwarte, dass mir Gerechtigkeite von dem anderen widerfährt, der es gar nicht so empfindet – dann ist es unmöglich, dass dieser Konflikt für alle Beteiligten mit Zufriedenheit gelöst werden kann.

Es ist meine gefühlte Ungerechtigkeit, sie wirkt nur bei mir, macht mir das Leben schwer – nicht dem anderen, den es meiner Meinung nach betrifft. Es trifft mich und verletzt mich.

Ich bin es selbst, die sich ständig wieder damit verletzt, die Wunden aufreißt und hofft dadurch Aufmerksamkeit und Hilfe von den geliebten Menschen zu bekommen, die dem „Verletzer“, dem Schmarotzerkind näher stehen.

Das wird sich nie ändern. Da kann ich mich selbst verstümmeln und mir das Leben schwer machen – es funktioniert einfach nicht. ICH mache mir dadurch nur MEIN Leben schwer.

Also bedeutet Vergeben auch Vergessen, es in Ozean der Vergessenheit versenken, es auf sich beruhen lassen, in Ruhe lassen – nicht immer wieder aufwühlen.

Das bedeutet den verletzenden Gedanken, die kommen keinen Raum und keine Energie mehr geben, sie anschauen und weiter ziehen lassen – in den Ozean des Vergessens.

Es ist sehr schwer, aber es funktioniert – mit jedem Mal, wenn diese Gedanken sich bei mir melden klappt es ein wenig besser. Ich hoffe, dass ich nächstes Jahr zum Heiligen Abend frei sein werde von verletzenden Gedanken, die geliebte Menschen von mir betreffen. Dass ich meinen Eltern und meinem Bruder ihre Handlungen, die mich verletzen, vergeben und vergessen kann, sie mich nicht mehr berühren.

Das ist meine Lektion: Vergeben und Vergessen, weil ich es mir wert bin und ich will, dass es mir gut geht. Und wenn es mir gut geht, dann wirkt sich das auch wohlwollend auf meine Umwelt und meine Mitmenschen aus. Damit haben alle etwas davon.

Ich wünsche euch, dass ihr die Lektionen, die euch das Leben in Form von alten Verletzungen, Problemen und Hindernissen schenkt, erkennt, annehmen und daraus lernen könnt.

Liebevolle Wünsche  sendet euch von ganzem Herzen

RAINBOW

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