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Sorgfalt

„Negative“ Gefühle anerkennen

14-18 negative Gefühle anerkennen

Gefühle sind nicht fassbar, nicht erklärbar, nicht vorzeigbar – sie existieren nicht als reale Objekte, deren Kommen wir vorhersehen können. Sie sind einfach da, ohne Ankündigung und versetzen uns mitunter in Panik, weil wir sie nicht beherrschen, sie nicht unter Kontrolle haben. Sie sind nicht berechenbar oder planbar – weder unsere eigenen Gefühle, noch die der anderen.

Diese Unberechenbarkeit macht sie oft auch so unerreichbar für uns.

Wenn wir sie erwarten, auf sie vorbereitet sind, dann gelingt es uns viel besser mit ihnen umzugehen, „die Nerven zu behalten“. Dadurch verlieren sie auch ihren Schrecken und wir können bewusster beobachten, unsere Aufmerksamkeit auf die Begleitumstände lenken – wie und wo sie in unserem Körper wirken.

Wo fühlen wir unsere Wut? – im Bauch? – im Hals? – das hilft uns, unsere Gefühle zu erkennen und zu benennen und so die Anonymität und damit die Angst davor zu nehmen.

Wo und wie  fühlen wir unsere Angst? – wird uns  heiß und kalt? – oder wird uns schlecht? – trifft uns der Schlag? Trauen wir uns und schauen genauer hin, was die Angst mit uns macht, welche Körperreaktionen sie in uns auslöst. Das Unbekannte macht uns Angst – dem was wir sehen, können wir gegenüber treten und sind nicht machtlos. Also ist es doch besser, wir stellen uns der Angst, halten sie aus, fragen nach, was sie uns sagen will.  Es funktioniert wirklich.

Wenn bei mir unangenehme Gefühle hochkommen frage ich mich immer zuerst: Was will mir das jetzt sagen? Wenn ich Angst fühle spreche ich meine Angst in Gedanken an – was willst du von mir? – und es ist erstaunlich, dass Antworten kommen. Meist höre ich die Antwort: Aufmerksamkeit. Dann frage ich: Warum? Und ich erhalte oft die Antwort, dass sich die Angst Sorgen um mich macht – sie will mich vor etwas schützen. Ich fragen dann weiter: Wovor willst du mich schützen? – und es kommen Antworten, wenn wir gewillt sind zuzuhören. Oft sind es gelernte Hilflosigkeit aus Kinderzeiten, die uns die Angst machen, die wir aber als Erwachsener nicht mehr haben brauchen, weil wir inzwischen gelernt haben uns zu helfen oder Hilfe zu holen. Aber unsere Angst weiß das noch nicht – wir müssen es ihr sagen und sie bitten, dass sie Vertrauen in uns hat und wir schon aufpassen und die Situation meistern.

Unsere Angst ist einer unserer Helfer, die will, dass wir unbeschadet durchs Leben kommen – und das ist auch gut so, dass wir Angst davor haben von großen Höhen einfach so zu springen – damit rettet sie unser Leben. Die Angst hat im Laufe unseres Lebens so viele Erlebnisse mit schlechtem Ausgang erlebt und sich das als Lerneinheit abgespeichert – so nach dem Motto: Das passiert mir nicht noch einmal – da passe ich jetzt auf. So wurde uns im Laufe unseres Kinder- und Erwachsenenlebens zunehmend mehr Angst antrainiert – jedes schlechte Erlebnis, jedes ungelöste Problem hat unsere Angst davor vermehrt und unter dem Motto „Vorsicht – nicht gut“ abgespeichert. Uns wurde mit der Erziehung Angst vor allem möglichen eingetrichtert, um uns vor Gefahren zu schützen. Aber mit der Zeit haben wir gelernt mit diesen „Gefahren“ umzugehen – mag es ein scharfes Messer sein – das Anzünden eines Streichholzes – heißes Wasser – fahrende Autos – und was uns sonst noch so als „Gefahr“ eingeimpft wurde. 

Wir haben im Laufe unseres Lebens erkannt und gelernt, dass es wichtig ist aufmerksam mit diesen „Gefahren“ umzugehen, sie für uns zu nutzen. Wir schätzen heißes Wasser für einen guten Kaffee, nutzen das Auto um schnell voran zu kommen und ein scharfes Messer erleichtert uns die Arbeit – wir haben den Nutzen kennen gelernt.

Und genau so können wir es mit allen aufkommenden „negativen“ Gefühlen machen, indem wir sie nicht unterdrücken – oder ignorieren, sondern anschauen, hinterfragen und sie wie Gäste in unserem Leben behandeln und nicht wie „Aussetzige“. Unsere Gefühle sind Teil von uns und sie sind gut für uns, wenn wir bereit sind uns mit ihnen zu beschäftigen, von ihnen zu lernen, mit ihnen zu kommunizieren. Gefühle wissen nicht, was wir inzwischen gelernt haben, dass wir aufmerksamer geworden sind, dass wir nicht ständig „gegängelt“ werden müssen, wie kleine Kinder. Das müssen wir ihnen sagen, damit sie sich klar darüber werden, dass wir in unserem Leben so viel dazu gelernt haben und das wir auf uns achten können.

Ich „rede“ gern mit meinen Gefühlen – führe sozusagen Selbstgespräche mit mir, weil sie ja ein Teil von mir sind – mir hilft es, weil mir dadurch Ideen, Gedanken, Antworten kommen.

So habe ich seit einigen Jahren keine Angst mehr – weil meine Angst inzwischen weiß, dass ich aufmerksamer geworden bin, dass ich fürsorglicher mit mir umgehe und dass ich bei schwierigen Arbeiten die notwendige Sorgfalt aufwende und Umsicht walten lasse. Ich schaue aufmerksamer auf die Straße, lasse mir mehr Zeit beim Verrichten von „gefährlichen“ Tätigkeiten, lass mich nicht mehr ablenken, treffe Vorsichtsmaßnahmen und schütze mich somit. Meine Angst hat inzwischen Vertrauen zu mir. Sie hat mir eine gesunde Skepsis und vor allem die Aufmerksamkeit an meine Seite gestellt. So kann sich meine Angst zurückziehen, entspannen – glaub mir, sie ist echt froh darüber mir nicht ständig im Nacken sitzen zu müssen, denn das war echt anstrengend für sie. Sie ist noch da und warnt mich vor  wirklich lebensbedrohlichen  Gefahren und dafür bin ich ihr auch zutiefst dankbar.

Mein Leben hat sich dadurch grundlegend geändert. Ich fühle mich freier und bin zufrieden, so wie es jetzt läuft. Ich kann es viel mehr genießen und werde nicht mehr von Angst angetrieben oder in die letzte Ecke getrieben. Mein Leben ist lebens- und liebenswerter geworden.

Versucht es doch selbst einmal  – es lohnt sich.

 

Ganz liebe Grüße

RAINBOW

 

 

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